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Engpaßsyndrome des peripheren Nervensystems und Polyneuropathie

Es gibt verschiedene physiologische Engstellen im Bereich der Arme und Beine. Insbesondere sind hier der Karpaltunnel (hier sind die ersten 3 Finger vorne betroffen) an der Hand und die Ulnarisrinne (hier wird von „Mäuschen / Mäusle“ bzw. vom Musikantenknochen gesprochen) im Bereich des Ellenbogens zu nennen. An diesen Stellen werden häufig, auch überlastungsbedingt, Schmerzen bzw. Störungen des Gefühls hervorgerufen, die möglicherweise aber auch durch aufgetretene Knochenbrüche oder andere Veränderungen bedingt sind oder begünstigt werden durch generalisierte Erkrankungen wie eine Schädigung aller Nerven durch eine dauerhafte Erhöhung des Blutzuckers im Rahmen eines Diabetes mellitus oder durch einen zu hohen Alkoholkonsum. Weiterhin kommen Engpaßsyndrome im Bereich der Wirbelsäule wie die Spinalkanalstenose oder der Bandscheibenvorfall mit Beeinträchtigung der aus dem Rückenmark austretenden Nervenwurzel vor.

Im Bereich der Engstelle wird zuerst die Hülle des Nerven und dann der Kern geschädigt, so daß im allgemeinen zuerst die Nervenleitgeschwindigkeit herabgesetzt ist, im weiteren Verlauf dann auch die Signalhöhe, was sehr gut mit der Methode der Elektroneurographie gemessen werden kann, bei der die Signalübertragung durch den Nerven mittels der Anwendung elektrischen Stroms niedriger Leistung gemessen wird. Insbesondere wenn eine stärkere Schädigung vorliegt und es zu einer Beeinträchtigung der Kraft gekommen sein sollte, wird der Muskel direkt vermessen, indem eine kleine Nadel eingestochen wird (Elektromyographie). Eine solche Untersuchung ist rasch und unkompliziert durchführbar und ermöglicht oft eine Aussage zu Art, Ausprägung, Lokalisation und Verteilung sowie Verlauf des möglichen Schadens. Auch Hinweise zur Prognose und Wahl der einzuschlagenden angemessenen Therapie ergeben sich so. Allein schon mit dieser Methode ist u.U. auch eine Differenzierung zwischen einem Schaden des peripheren Nervensystems und z.B. einem Schlaganfall oder einer psychogenen Ursache möglich, ohne daß eine aufwendige bildliche Darstellung des Gehirns erforderlich wäre. Zur Abklärung hinsichtlich einer Betroffenheit des autonomen Nervensystems, die z.B. auch bei einer Erektionsstörung eine Rolle spielen könnte, wird manchmal eine elektrophysiologische Überprüfung der Schweißsekretion vorgenommen.

Oft wird dann im ersten Schritt bei geringgradiger Ausprägung am Arm eine Schienung zur Unterstützung der Schonung des an der Engstelle geschädigten Nerven versucht werden. Bei unzureichender Besserung hierunter oder deutlicher Beeinträchtigung von Anfang an kann eine operative Korrektur erfolgen. Bei Rückenschmerzen wird oft eine konservative Therapie mit Krankengymnastik und einer schmerzmodulierenden, entzündungshemmenden sowie entspannenden Medikation und langfristig Rückenschule ausreichend sein. Hin und wieder wird bei chronischen Schmerzen die stationäre Schmerzkomplextherapie erforderlich werden bzw. eine lokale oder intravenöse Gabe entzündungshemmender Substanzen. Bei deutlichen Einschränkungen ist ein operativer Eingriff notwendig, wobei entscheidend ist, daß im Falle der akuten relevanten Verschlechterung ein operativ tätiges Wirbelsäulenzentrum innerhalb weniger Stunden aufgesucht wird, da es sonst zu bleibenden Ausfällen kommen kann.

In unserer Praxis, die Ausbildungsstelle in der klinischen Elektromyographie für Ärzte ist, erfolgt ggf. z.B. die Differenzierung zwischen radikulärer Läsion und Plexusläsion oder zwischen einer Schädigung des peripheren Nerven und einer Wurzelläsion, die jeweils unterschiedlich therapiert werden. Im Verlauf wird dann ggf. die angepaßte Schmerztherapie aufgrund gewonnener eingehender Erfahrungen in der stationären Schmerzkomplextherapie durchgeführt.

Praxis Dr. Reinhard Reuss